Diktatur des Geldes
Der „Satirischer Nachschlag“ on Wolfgang Schaller, meinem Lieblingskolumnist in der „Sächsischen Zeitung“:
„Da steht, wie ich am 2. Oktober 1990 in meinem Bett in der DDR einschlief und am 3. Oktober in einem ganz anderen Land aufwachte. Ich wollte damals in kein anderes Land. Ich war der Traumtänzer, der dank Glasnost und Perestroika noch glaubte, ein Sozialismus mit menschlichem Antlitz sei möglich, weil ich das Antlitz des Kapitalismus bunter, aber nicht menschlicher fand. Hinter mir lag die Diktatur der Ideologie. Vor mir lag die Diktatur des Geldes. Dort, wo ich herkam, war ich nicht zu Hause, dort, wo ich hinkam, wollte ich nicht hin. Ich bin nicht weggegangen. Ich bin nicht angekommen. Ich hab noch mitgerufen „Wir sind das Volk!“, aber als sie Wochen später „Helmut! Helmut“ schrien, obwohl sie vorgestern noch mit roten Wimpeln an der Tribüne „Erich! Erich!“ gejubelt hatten, und als es schien, als seien es zwanzig Jahre später die gleichen, die „Frau Merkel muss weg!“ grölten, da befiel mich der Verdacht, unter ihnen könnten auch die sein, die heute „Heil Höcke!“ schreien würden.“
Dem kann ich mich nur anschließen. Wenn ich allerdings bei Diskussion darauf hinweise, dass wir nun in einem kapitalistischem System leben, wundern sich meine Gegenüber fast immer. Viele glauben immer noch, wir haben „alles Schlechte“ mit dem Ende der DDR hinter uns gelassen. Und jeder Unternehmer und Politiker meint es nur gut mit uns.
Aufwachen und die Realität anerkennen. Das hat auch nichts mit Kommunismus oder Ideologie zu tun. In unserem System müssen die vermeintlich und wirklich Schwächeren um ihren Platz und ihre Ansprüche „kämpfen“, geschenkt wird einem nichts. „Soziale Marktwirtschaft“ verschleiert Tatsachen genauso, wie die Begriffe „Sozialdemokratie“ und „Sozial“ im Namen von Parteien.
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